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08.12.2021 – Auch wenn derzeit eine große Anzahl verschiedener Maßnahmen diskutiert werden, um die hohen Inzidenzen in Deutschland zu bremsen, so bleibt die Impfung gegen SARS-CoV2 – auch bei Personen mit Multipler Sklerose – die wichtigste Strategie, um die pandemische Lage in eine endemische Lage zu überführen und die Normalität in unserer Gesellschaft wiederherzustellen.

Hintergrund: In Bezug auf die Impfung gegen SARS-CoV2 sind unterschiedliche Handlungsweisen von Bedeutung. Erstens, dass möglichst viele der noch Unentschlossenen so schnell wie möglich geimpft werden. Die verschärften Regeln, werden manche MitbürgerInnen wahrscheinlich dazu bringen, sich rasch impfen zu lassen. Dennoch werden sich weiterhin einige Millionen Menschen in Deutschland – das hat die Erfahrung der letzten Monate gezeigt – nicht von der Sinnhaftigkeit der Impfung überzeugen lassen und daher auch weiterhin keinen effektiven Schutz vor einer krankmachenden Virusinfektion haben. „Es sei hier nochmals klar gesagt: Insbesondere Menschen mit Autoimmunerkrankungen wie der Multiplen Sklerose (MS) profitieren von einem Impfschutz gegen SARS-CoV2 – eine MS Erkrankung und auch eine Immuntherapie bei MS sind aufgrund vorliegender Daten keine Kontraindikation gegen eine Impfung“, betont Prof. Mathias Mäurer, Chefarzt der Neurologischen Klinik des Juliusspitals in Würzburg, Sprecher des Fachausschuss Versorgungsstrukturen und Therapeutika und Mitglied des Vorstands des krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS).

Zum Zweiten, gewinnt die Auffrischungsimpfung – die sog. Booster-Impfung oder 3. Impfung gegen SARS-CoV2 – derjenigen, die schon einen zweifachen Impfschutz erhalten haben gerade eine überragende Bedeutung. Im Wissenschaftsjournal The Lancet vom 29.10.2021 wurden die Daten aus Israel zur dritten Impfung mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer publiziert (Barda N. et al. Lancet 2021 Oct 29: S0140-6736(21)02249-2). Dies Daten belegen, dass die 3. Impfung in Bezug auf Krankenhausaufenthalte, schwere COVID19 Verläufe und Tod noch einmal eine signifikante Verbesserung gegenüber zwei Impfungen mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer zeigt – die Zahlen gehen nach der 3. Impfung nahezu gegen null. 

In dieser Eindeutigkeit war das Ergebnis dieser Studie vor einigen Monaten noch nicht zu erwarten, als das KKNMS bereits auf der Basis damals vorliegender Erkenntnisse Personen mit MS und Behandlung mit Immuntherapeutika aus der Klasse der S1P-Agonisten und der B-Zell-depletierenden Therapien zu einer Auffrischungsimpfung geraten hatte (s. Stellungnahme vom 06.08.21). 

Seit September 2021 hat auch die STIKO allen Personen mit Immundefizienz, wozu auch MS-Patienten unter einer Immuntherapie gezählt werden, eine Auffrischungsimpfung 6 Monate nach der 2. Impfdosis empfohlen und diese Empfehlung seit Mitte November auf alle Erwachsenen ab 18 Jahren ausgedehnt (https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2021-09-24.html und https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2021-11-18.html).

Vor diesem Hintergrund sieht sich der Fachausschuss „Versorgungsstrukturen und Therapeutika“ des krankheitsbezogenen Kompetenznetz MS (KKNMS) zusammen mit der DMSG und dem Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN) veranlasst, seine Stellungnahme zu spezifizieren und zu aktualisieren: 

  • Allen Personen mit MS wird empfohlen sich eine Auffrischungsimpfung (Booster-Impfung) gegen SARS-CoV2 mit einem mRNA Impfstoff geben zu lassen. 
  • Insbesondere richtet sich diese Empfehlung an Personen mit MS, die eine Immuntherapie mit S1P-Modulatoren (Fingolimod, Siponimod, Ozanimod oder Ponesimod) oder einer B-Zell depletierenden Therapie (Rituximab, Ocrelizumab oder Ofatumumab) durchführen. Da diese Gruppen eine im Mittel abgeschwächte Antikörperantwort auf die Impfung haben, sollte angesichts der aktuell hohen Inzidenzen und der Tatsache, dass bereits eine Woche nach der Booster-Impfung ein deutlich besserer Schutz besteht, die Auffrischung möglichst bald erfolgen. Für diese Patientengruppen kann bereits nach 4 Wochen eine Auffrischungsimpfung erfolgen, um einen vollständigen Impfschutz zu erreichen. 

Überlegungen zur Wirkung der aktuellen Impfstoffe auf neue Varianten oder Erwartungen von Zulassungen neuer Impfstoffe (z.B. adjunvantierte Impfstoffe), sollten derzeit für die Impfentscheidung keine Rolle spielen. „Auch wenn bisher wenig zu weiteren Virusmutationen bekannt ist, so lässt sich sicher sagen, dass es auch bei neuen Formen des Virus bislang in jedem Fall besser ist, geimpft als nicht geimpft zu sein“, so Prof. Heinz Wiendl, Direktor der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Münster und Sprecher des Vorstands des Kompetenznetz Multiple Sklerose.

Es wäre daher anzustreben, dass – bis auf wenige individuelle Ausnahmen – alle Patienten mit Multipler Sklerose vollständig gegen SARS-CoV2 geimpft sind, vor-zugsweise mit drei Impfdosen der aktuellen mRNA Impfstoffe, auch wenn noch keine Daten zu MS-spezifischen Reaktionen für die dritte Impfung vorliegen. „Höchstwahrscheinlich ist die dritte Impfung ebenso wie bei vielen anderen Totimpf-stoffen notwendig für die volle Ausprägung des Impfschutzes“, erklärt Prof. Frauke Zipp, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz und Stellvertretende Sprecherin des Vorstands des Kompetenznetz Multiple Sklerose.

Allgemeiner Hinweis zur Impfung (mit Ausnahme von Lebendimpfstoffen) von Personen mit MS: Die Diagnose MS stellt prinzipiell keine Kontraindikation gegen Impfungen dar. Durch Impfungen vermeidbare Infektionen können einerseits schwerwiegende Erkrankungen verursachen, andererseits bei MS-Patienten darüber hinaus Schübe auslösen und zur Krankheitsverschlechterung beitragen. Dieses Risiko ist grundsätzlich als höher einzuschätzen als potenzielle Risiken durch Impfungen. Personen mit MS sollten daher entsprechend den allgemeinen von der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Institutes empfohlenen Impfungen im Erwachsenenalter geimpft werden. Zu Impfungen bei MS-Patienten, die ein Immuntherapeutikum erhalten, gibt es bislang nur begrenzt Daten. Sorge ist hier ein vermindertes Ansprechen auf die Impfung. Um einen Impferfolg zu unterstützen, sollten Impfungen idealerweise mindestens 6 Wochen vor Einleitung einer Immuntherapie abgeschlossen sein. Grundsätzlich sind Impfungen mit Totimpfstoffen auch unter Therapien, die Immunzellen aus dem Körper entfernen („Zell-depletierende Therapien“) möglich, das Ansprechen auf die Impfung kann unter solchen Therapien allerdings vermindert sein. Idealerweise sollten Impfungen zwar frühestens 4 Monate nach Behandlung mit depletierenden Therapien (gemeint ist hier die jeweilige Medikamentengabe) erfolgen, bei aktivem Infektionsgeschehen kann jedoch auch von dieser Faustregel abgewichen werden und eine frühere Impfung erfolgen.

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Der Abdruck ist frei.

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Das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) ist eines von bundesweit 21 Kompetenznetzen in der Medizin, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung initiiert wurden. Sie alle verfolgen das Ziel, Forscher zu spezifischen Krankheitsbildern bundesweit und interdisziplinär zu vernetzen, um einen schnellen Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis zu ermöglichen. Der Fokus der aktuellen KKNMS-Projekte liegt auf der langfristigen Verbesserung der MS-Diagnose, -Therapie und -Versorgung. Die Geschäftsstelle ist am Universitätsklinikum Münster angesiedelt.

1952/1953 als Zusammenschluss medizinischer Fachleute gegründet, vertritt die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) die Belange Multiple Sklerose Erkrankter und organisiert deren sozialmedizinische Nachsorge. Die DMSG mit Bundesverband, 16 Landesverbänden und etwa 800 örtlichen Kontaktgruppen ist eine starke Gemeinschaft von MS-Erkrankten, ihren Angehörigen, fast 4.000 ehrenamtlichen Helfern und 276 hauptberuflichen Mitarbeitern. Insgesamt hat die DMSG fast 43.000 Mitglieder. Mit ihren umfangreichen Dienstleistungen und Angeboten ist sie heute Selbsthilfe- und Fachverband zugleich, aber auch die Interessenvertretung MS-Erkrankter in Deutschland. Schirmherr des DMSG-Bundesverbandes ist Christian Wulff, Bundespräsident a.D.

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems (Gehirn und Rückenmark), die zu Störungen der Bewegungen, der Sinnesempfindungen und auch zur Beeinträchtigung von Sinnesorganen führt. In Deutschland leiden nach neuesten Zahlen des Bundesversicherungsamtes mehr als 250.000 Menschen an MS. Trotz intensiver Forschungen ist die Ursache der Krankheit nicht genau bekannt.

MS ist keine Erbkrankheit, allerdings spielt offenbar eine genetische Veranlagung eine Rolle. Zudem wird angenommen, dass Infekte in Kindheit und früher Jugend für die spätere Krankheitsentwicklung bedeutsam sind. Welche anderen Faktoren zum Auftreten der MS beitragen, ist ungewiss. Die Krankheit kann jedoch heute im Frühstadium günstig beeinflusst werden. Weltweit sind schätzungsweise 2,8 Millionen Menschen an MS erkrankt.

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